Digitaler Fortschritt vs. emotionale Basis: Zwei Zeiterfassungsmethoden im modernen Arbeitsumfeld
Wer kennt sie nicht? Die Karte aus Kunststoff, der Token oder der Chip zum einclocken am Gerät. Die digitale Zeiterfassung ermöglicht es Unternehmen, die Arbeitszeiten von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen präzise nachzuhalten. Klingt zuerst sehr organisiert und praktisch, aber diese Art der Zeiterfassung birgt auch einige Nachteile. Ist die Vertrauensarbeit besser?
Es ist nicht ungewöhnlich, dass das Clockingsystem von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen missbraucht wird, indem Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bereits vor tatsächlichem Antritt an die Arbeit einchecken, um den Anschein zu erwecken, dass sie (länger) arbeiten. Vor allem im Homeoffice lässt sich selbst eine dezentrale Clockingsoftware mit sogenannten “Maus Jigglern” und zahlreichen Selfmade-Lösungen dazu austricksen. Dies kann zu ungenauen Aufzeichnungen und folglich ungerechter Bezahlung führen.
Das hat dann auch den Nachteil, dass die Kosteneffizienz im Bereich der Löhne sinkt und Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen für Leistungen zahlen, die gar nicht erbracht wurden.
Apropos Kosten: Die Einführung und Wartung solch eines digitalen Zeiterfassungssystems ist nicht immer günstig, was kleineren oder neuen Unternehmen schon ein Hindernis sein kann. Bei Vertrauensarbeit ist hier meist der Nachteil, dass Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen viele unbezahlte Überstunden leisten, da sie unentdeckt bleiben (oder ganz im Gegenteil eventuell auch viel weniger arbeiten).
Außerdem ist dieses Verfahren technisch. Und Technik ist nie fehlerfrei. Abstürze, Soft- und Hardwarefehler können unerkannt Arbeitszeiten und damit auch dessen Vergütungen verfälschen und ebenfalls beim Arbeitgeber oder bei der Arbeitgeberin sowie Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerin Frustration auslösen. Was außerdem Frustration bei Mitarbeitenden verursachen kann, ist das Gefühl der Überwachung. Viele Mitarbeitende empfinden die Zeiterfassung als unangenehm.
Bei Hardwarelösungen für das System, z.B. mit Chips oder Karten ist der Verlust dieser ebenfalls ein Risiko, was wiederum zu Extrakosten und Extra-Aufwände führt. Mit Chips und Karten lässt es sich außerdem, z. B. bei einem klassischen Kiosksystem, nicht aus dem Homeoffice einclocken. Wer alternativ den Fingerabdruck verwenden will, steht oft der Fragestellung zum Datenschutz gegenüber.
Allerdings gewährleistet ein Clockingsystem den Vorteil, für Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen eine präzise Nachempfindung der geleisteten Arbeitszeit (sofern die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen richtig “stempeln”) zu zeigen. Dies ist besonders sinnvoll, wenn die Entlohnung der Arbeit anhand der aufgewendeten Zeit (z. B. Stundenlohn) berechnet wird.
Apropos Zeitlohn. Wenn alle Mitarbeitenden eines Unternehmens danach arbeiten, kann durch die digitale Zeiterfassung auch eine faire Bezahlung garantiert werden. Alle arbeiten gleich lang, alle bekommen den gleichen Lohnsatz nach Arbeitszeit. Diesbezügliche Streitigkeiten werden somit vorgebeugt.
Das Nachhalten der Arbeitszeit kann auch den Vorteil mit sich bringen, dass die Mitarbeitenden effektiver arbeiten. Durch das Einchecken achten die Mitarbeitenden eher auf die Uhrzeit und haben eventuell zusätzlich durch feste Arbeitszeiten, festgesetzte Abläufe und Routinen, was wiederum den Workflow erleichtert. Die flexiblen Arbeitszeiten bei Vertrauensarbeit können dem Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin die Planung erschweren, bspw. weil einzelne Mitarbeitende nicht erreichbar oder anwesend sind. Bei großen Betrieben kann dies sogar zum Kontrollverlust führen.
Allerdings zeigen Mitarbeitende durch das freie Arbeiten mehr Kreativität und Innovation. Dadurch kann das Unternehmen besser wirtschaften und Effizienz aufbauen, denn bei Vertrauensarbeit stehen Ergebnisse im Fokus.
Die genaue Zeiterfassung kann Unternehmen dabei helfen, Gesetze einzuhalten. Abgesehen von der Vorschrift in vielen Ländern, als Arbeitgeber oder Arbeitgeberin genaue Aufzeichnungen über die Arbeitszeiten der Mitarbeitenden zu führen, hilft dieses Verfahren auch für Transparenz und Sicherheit. Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen können vor dem Gesetzgebenden die Einhaltung der Arbeits-/ Pausen- und Ruhezeiten nachhalten und vermeiden somit, das Arbeitnehmerschutz- und Arbeitsgesetz zu verletzen. Bei der Vertrauensarbeit sieht die Nachhaltung der Zeiten schon komplizierter aus: Überstunden müssen vom Arbeitgeber oder -nehmer bzw. von der Arbeitgeberin oder -nehmerin laut Arbeitszeitgesetz (ArbZG) aufgezeichnet werden, was aufwändig ist und vor allem bei letzterem zu Missbrauch führen kann.
Zusammengefasst kann ein Clockingsystem eine effektive Methode für Unternehmen sein, Arbeitszeiten nachzuvollziehen, den Workflow zu beeinflussen und eine gerechte Bezahlung zu sichern. Die vielen Nachteile davon sprechen allerdings positiv für die Vertrauensarbeit als eher harmonische Herangehensweise. Denn bei Vertrauensarbeit entsteht ein Gefühl des Vertrauens zwischen Mitarbeitenden und Arbeitgeber oder Arbeitgeberin. Die Selbstbestimmung von Arbeitszeiten (z. B. heute 10 und morgen nur 6 Stunden) kann außerdem dazu beitragen, Stress abzubauen und persönliche sowie berufliche Verpflichtungen besser zu bewältigen. Work-Life-Balance ist hier das Stichwort der Zufriedenheit.
Ob es am Ende des Tages nun Arbeit auf Vertrauensbasis oder technischen Fortschritt sein soll, ist jedem Arbeitgeber und jeder Arbeitgeberin selbst überlassen. Wir bei jungwild können mit Vertrauensarbeit nur von positiven Erfahrungen berichten und wirtschaften trotzdem sehr effizient, besonders im letzten Jahr.
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